Sylvia Schmieder
zusammen bleiben
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Frankfurt am Main, 1939. Mari, aufgewachsen im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich, ist ihrem Mann nach Deutschland gefolgt. Er und die Kinder geraten schnell in den Sog der NS-Ideologie – während die Einschläge näher kommen. Die Familie kämpft um ihr physisches und psychisches Überleben. Dann wird Maris Bruder als kritischer Journalist von der Gestapo abgeholt …
Die mitreißende Geschichte einer sanft-mutigen Menschenmischerin, hart an der Wirklichkeit erzählt.
Ein berührendes Portrait einer Zeit und seiner Menschen, das unter die Haut geht. Sylvia Schmieder erweist sich mit ihrer bilderreichen Sprache als feinsinnige Beobachterin. Indem sie Szenen aus dem Alltag herausgreift, kleine Momente und Episoden, lotet sie gleichzeitig die Untiefen der Lebensumstände aus, die Risse, die sich durch die Familie ziehen. Die Kapitel fügen sich am Ende zusammen und zeigen, wie fest, aber auch wie zerrissen Familienbande sein können. Unbedingt empfehlenswert.
Ute Bales
GESPRÄCHE
Sylvia Schmieder spricht über das Schreiben und ihre Veröffentlichungen
Frankfurt am Main, 1939. Mari, aufgewachsen im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich, ist ihrem Mann nach Deutschland gefolgt. Er und die Kinder geraten schnell in den Sog der NS-Ideologie – während die Einschläge näher kommen. Die Familie kämpft um ihr physisches und psychisches Überleben. Dann wird Maris Bruder als kritischer Journalist von der Gestapo abgeholt …
Die mitreißende Geschichte einer sanft-mutigen Menschenmischerin, hart an der Wirklichkeit erzählt.
Ein berührendes Portrait einer Zeit und seiner Menschen, das unter die Haut geht. Sylvia Schmieder erweist sich mit ihrer bilderreichen Sprache als feinsinnige Beobachterin. Indem sie Szenen aus dem Alltag herausgreift, kleine Momente und Episoden, lotet sie gleichzeitig die Untiefen der Lebensumstände aus, die Risse, die sich durch die Familie ziehen. Die Kapitel fügen sich am Ende zusammen und zeigen, wie fest, aber auch wie zerrissen Familienbande sein können. Unbedingt empfehlenswert.
Ute Bales
GESPRÄCHE
Sylvia Schmieder spricht über das Schreiben und ihre Veröffentlichungen
Zusätzliche Informationen
Abmessungen | 12 × 19 cm |
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ISBN | 9783946112945 |
Auflage | 1. Auflage 2024 |
Erscheinungstermin | 8. April 2024 |
Covergestaltung | Juliane Appel |
6 Bewertungen für zusammen bleiben
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Im 550. Todesjahr Gutenbergs arbeitet Thomas Berger in seinem Vortrag die spannenden wechselseitigen Beziehungen heraus. Zugleich gibt der Autor Einblicke in die Zeitverhältnisse, in denen Gutenberg und die Reformatoren lebten und wirkten.
Rena Blessing –
Das Buch „zusammen bleiben“ der Freiburger Autorin Sylvia Schmieder ist für mich eine besondere Entdeckung dieses Sommers.
„Zusammen bleiben“ ist ein Familienroman über drei Generationen und an zwei Orten, in Frankfurt a.M. und im slowakischen Pressburg. Er handelt von Krieg, Flucht, Zerstörung, Verlust und von dem Hineinwirken des Erlebten in die Lebenswirklichkeit der nächsten Generation. Und natürlich vom Zusammenbleiben.
Es sind viele Dinge, die mich an diesem Buch so faszinieren. Zum einen die Tatsache, dass dieses Buch Tieftrauriges erzählt, aber mich nicht tieftraurig macht. Das muss an der Autorin liegen, die gut auf ihre LeserInnen aufpasst, während sie erzählt, wie die Bomben niedergehen. Alles ist mit so viel Wärme und teils mit zartem Humor beschrieben, auch das ganz Schreckliche.
Man möchte zu gerne genauer wissen, wie das sehr beeindruckende Werk entstanden ist. Das Making of wäre wahrscheinlich ein eigener Roman wert, zumal Sylvia Schmieder ihre ganz persönliche Familiengeschichte zur Vorlage nimmt.
Wie konnte die Autorin das alles so beschreiben, dass man es so vor sich sieht und das Gefühl hat, die Figuren muss es genauso und nicht nur so ähnlich gegeben haben? Wie viele Gespräche muss sie geführt haben, wie viele Aufzeichnungen gesammelt und gelesen haben und wie stark war ihre Vorstellungskraft, das auszugestalten und zusammenzuführen? Wie viel Mut braucht es überhaupt, um so persönlich über die eigene Familie zu schreiben, wenn auch sicher manches von der Autorin überformt wurde?
Beim Lesen dieses Buches habe ich einiges gelernt über die Zeit, in die auch meine eigenen Eltern ungefragt hineingeboren wurden: die Kriegsjahre.
Das Buch regt zum Gespräch an, über das Buch selbst, aber auch zum Nachfragen in der eigenen Familie. Die Haltung der Autorin einzunehmen und zu verstehen, nicht zu verurteilen, ist da sicher hilfreich.
Der Roman „zusammen bleiben“ kann ich jedem nur ans Herz legen. Es ist ein warmherziges und ein wunderbares Buch, das einen im doppelten Wortsinne mitnimmt.
Ingrid Menzel, Buchhändlerin und Künstlerin –
Eine Familie in den Wirren des Krieges und im Ringen um ihren Zusammenhalt, auch im Leben danach …
Kurzmeinung: Ein tiefgründiges und lebendiges Portrait einer Familie während des 2. Weltkrieges und in der Nachkriegszeit.
Sylvia Schmieder, Jahrgang 1966, studierte Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie in Freiburg/Breisgau, wo sie auch heute lebt. Es ist ihr zweiter Roman, den sie uns hier vorlegt, ein Roman, den man nicht so einfach „verschlingt“, sondern der sich eher als Reise durch ein wunderbar literarisch-poetisches Kunstwerk versteht.
Wir werden durch zwei Zeitebenen geführt, in zwei Erzählsträngen, die miteinander verbunden sind Dabei geht es um zwei Frauenfiguren, Mari und Claudia, jede in ihrer eigenen Welt, mit ihren eigenen Bezügen zur Realität, jede zu ihrer Zeit. Man spürt den Sog, dass sie was miteinander zu tun haben, ahnt es vielleicht auch schon, in welcher Weise, und lässt sich schließlich darauf ein, des Rätsel lösen zu wollen …
Claudia erlebt die 70er Jahre erst als kleines Mädchen, dann als ziemlich unglücklicher Teenager, der zu Hause bei den Eltern nicht gehört und gesehen wird, und versucht, durch Tagebuchschreiben mit sich selbst klarzukommen. Ihre beste Freundin stirbt in einer kritischen Phase ihres Lebens, wodurch sie einen festen Halt in ihrem Leben verliert. Ein Sehnsuchtsort ist für sie das Haus ihrer Großeltern, wo die Großmutter eine Schlüsselrolle spielt. Oft kommen dort Familie und Verwandte zusammen, die Claudia zwar nicht alle geheuer sind, aber die ihr auch ein Stück Sicherheit geben.
Mit Mari, der Hauptprotagonistin des Romans, werden wir in die vierziger Jahre zurückversetzt. Sie stammt aus dem Dreiländereck Österreich-Ungarn-Slowakei und ist ihrem Mann Ludwig 1939 nach Deutschland gefolgt, in Gedanken aber in der Heimat geblieben. Ludwig ist sehr zielstrebig und hat in Frankfurt eine Hausschuhfabrik aufgebaut. Der Krieg rückt näher, die NS-Ideologie überrennt das Land, und die Fabrik steht fast vor dem Aus, weil dort ja kein Kriegsmaterial hergestellt wird. So meldet sich Ludwig als Freiwilliger bei der Waffen-SS , fest davon überzeugt, mit bestem Wissen und Gewissen alles für Deutschland getan zu haben, was in seiner Macht steht. Schon nach kurzer Zeit wird er verpflichtet und muss an die verschiedensten Schauplätze einrücken, erst als Kurier und Berichterstatter, später wohl auch an der Front. Mari steht dem Ganzen entsetzt gegenüber und bleibt mit den Kindern allein. Ihre Erfahrungen – allein mit dem Halbwissen über den Krieg mit all seinen Begleiterscheinungen – machen sie fassungslos. Die Lage spitzt sich zu, die Schrecken werden größer. Aufgrund einer unliebsamen Entdeckung fühlt Mari sich auch nicht mehr sicher in ihrer Ehe, eher bodenlos und alleingelassen, und denkt daran, ihren Mann zu verlassen. Zuerst die Flucht in den Wald, zwecks innerer Suche nach sich selbst … Dann plant sie die Flucht nach vorne – die Rückkehr in ihre Heimat Slowakei. Unter größten Hindernissen flieht sie mit ihren Kindern zu ihre Verwandten. Einen Ruhepol findet sie dort nicht, denn der Krieg wütet auch dort inzwischen mit aller Macht , auch auf der Straße: deutsche Wehrmacht gegen deutschfeindliche Kräfte. Also geht die Flucht mit den Kindern wieder zurück nach Frankfurt. Mari weiß, dass sie nur dort mit Ludwig und der Familie eine Zukunft hat, eine Entscheidung, die wohl einfach passiert ist unter dem Druck der Ereignisse… . In Frankfurt erwartet sie Bombenhagel, das Haus ist zwar halb zerstört, bietet aber trotzdem noch Wohnraum, bis Fremde und Alliierte durch die Straßen und Gärten ziehen und alles für sich beschlagnahmen und plündern, was sie ergattern können. Der Krieg scheint bald zu Ende zu gehen, es sind die letzten wütenden Zuckungen…
Mari kämpft für ihr Haus, den Wiederaufbau ihres Lebensraumes, für die Rückkehr von Ludwig und für die Befreiung ihres Bruders aus dem Lager in Mauthausen … Sie ist diejenige, die alles zusammenhält und ihrer Familie generationsübergreifend den Raum gibt, sich wieder zu begegnen und einen Neuanfang zu wagen. Nicht einfach, wo jeder mit seinen Traumata zu kämpfen hat, unverarbeitete Traumata als eine Dimension, die es den nachfolgenden Generationen so schwer macht, das Thema Krieg zu verarbeiten, zu verstehen und Schlüsse für das eigene Leben zu ziehen … wo das Schweigen den größten Raum einnimmt und Frust und Zukunftsängste in heftige Wutausbrüche ausarten. Auch Claudia kommt wieder mit ins Spiel, wie sie Zuflucht nimmt bei der Großmutter Mari. Sie erlebt die Erwachsenen in ihren Emotionen, weiß letztendlich nicht, was diese antreibt zu ihren Ausbrüchen und Verhaltensweisen und versucht, sich in einer Welt dazwischen auszuleben.
Das letzte Kapitel erscheint mir wie eine Metapher für die Existenzbedingungen der Menschheit. Benannte Perlen stehen hier möglicherweise für die Ressourcen der Länder , mit denen man sorgfältig und friedfertig umgehen muss. Auch wenn Feindseligkeiten zwischen den Menschen entstehen … „immer ein bisschen hinter die Tür gucken, wo das Leben verborgen ist …“ „Man soll eben niemals den Mut verlieren, immer findet man etwas Schönes und Gutes, Du musst es nur suchen und herausbuddeln, wo es sich verborgen hat“, so die Autorin.
Sylvia Schmieder gelingt es in diesem Roman, sensibel mit den Charakteren umzugehen, ohne diese zu bewerten bzw. in Gut und Böse aufzuteilen. Sie ist die Beobachtende, humanistisch und empathisch, wie sie sich in die Menschen hineinversetzt und versucht, sie zu verstehen, egal, in welche Richtung sie gehen und von welchen Emotionen sie getrieben werden. Sie schreibt in wunderbar farbigen Bildern: Menschen und Situationen werden transparent , dort, wo sich Abgründe auftun und jeder um sein physisches, psychisches und soziales Überleben kämpfen muss. Ihre tiefgründige , und trotzdem so anschauliche Sprache erinnert mich an die jüdische Politologin und Philosophin Hannah Arendt (1906 bis 1975), die in ihrem autobiographischen Werk „Ich will verstehen“ etwas zum Ausdruck gebracht hat, woran sich auch der rote Faden dieses Romans bewegt: – nämlich das Verstehen im Sinne einer Suche zu begreifen, mit Beobachtungsgabe und Achtsamkeit die Hintergründe zu durchschauen und zu analysieren, die Dinge von allen Seiten ins Visier zu nehmen und sie so zu sehen, wie sie sind, ohne ihnen zu viel Bewertung beizumessen … Und ich glaube, eine solche Herangehensweise ist der Autorin tatsächlich gelungen und macht den Roman zu einem spannenden , vielschichtigen Zeitdokument. … gerade auch für die heutige Zeit, wo die Kriegsbereitschaft wieder so in den Vordergrund rückt.
In diesem Sinne ist der Roman absolut empfehlenswert!
Elisabeth Ullmann –
Mari wächst in dem Länderdreieck Ungarn-Österreich-Slowakei auf. Nachdem ihr Mann eine Firma in Frankfurt übernimmt, ziehen sie nach Deutschland, wie sich Mari überhaupt nicht heimisch fühlt. Rasch kommen die vier Kinder, mit denen Mari in ihrer eigenen Sprache spricht. Nachdem der Krieg ausbricht, meldet sich ihr Mann Ludwig zur SS. Nachdem es in Frankfurt immer gefährlicher für die Familie wird, geht Mari mit den Kindern zu ihren Eltern in die Slowakei. Aber bald werden die Deutschen dort verfolgt und sie kommen nach Frankfurt zurück, wo Mari über sich selbst hinauswächst, indem sie die Kinder und sich durchbringt. Als Ludwig vom Krieg nach Hause kommt, ist er ein gebrochener Mann. Der Leser bekommt hier einen wunderbaren Einblick in die Situation von damals. Die Autorin beschreibt das Leben der Mari derart lebendig und wirklichkeitsnah und man leidet und freut sich mit den Protagonisten. Der Zwiespalt, den Mari zeitlebens in sich spürt, die Bestimmtheit ihres Mannes, der alles entscheidet und ihr keine Wahl lässt, ist derart präsent. Beim Lesen dieses großartigen Romanes meint man fast, dass die Autorin selbst alles miterlebt hat, so gut kann sie es wiedergeben. Das Buch wird lange in mir nachhallen, denn das, was hier in Romanform geschrieben steht, ist bestimmt im täglichen Leben geschehen. Das Cover zeigt das Foto eines Ehepaares, vielleicht ist es kurz nach dem Krieg aufgenommen. Ein Epos für die Generation von heute, bevor alles vergessen wird.
Berndt Schulz –
Fortwollen und Bleibenmüssen
Sylvia Schmieders bewegender Roman „zusammen bleiben“
Schon der letzte Roman von Sylvia Schmieder „Saling aus dem Wald“ hat uns bewegt und angerührt. Das Buch nahm uns mit, dorthin, wo die Waldwesen, Verwandlungskünstler und Neugiertiere wohnen, es führte uns hinein in das Dunkel jenseits der Lichtungen. In ähnlichen Tiefen, nur hier die des menschlichen Zusammenlebens in gesellschaftlich katastrophalen Zeiten, ist das neue Werk der Autorin angesiedelt. „zusammen bleiben“ heißt das programmatische Porträt einer Zeit und einiger besonderer Menschen.
Mari, aufgewachsen im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich, ist ihrem Mann Ludwig nach Deutschland gefolgt. Die Familie gerät in den Sog der NS-Ideologie und ihres zunehmenden Alltagsterrors, sie kämpft um ihr physisches und seelisches Überleben. Dann wird Maris Bruder als kritischer Journalist von der Gestapo abgeholt und der Horror jener Zeit, hier Frankfurt am Main im Jahr 1939, rückt immer näher.
Die Autorin Sylvia Schmieder, geboren in Frankfurt, lebend in Freiburg, versteht es mit ihrer bilderreichen Sprache als feinsinnige Beobachterin Menschen und Situationen bildnerisch herauszuarbeiten wie lebendiges Gewebe aus Holz oder Beton. Personen und Umstände bekommen Plastizität. Die Lesenden werden hineingezogen in eine packende Handlung hart an der Wirklichkeit entlang. Indem die Autorin Szenen aus dem Alltag herausgreift, kleine Momente und Episoden, die das Große im Kleinen zeigen, lotet sie die Untiefen der Lebensumstände aus, als Risse, die sich durch die Familie ziehen. Die 29 Kapitel plus ein märchenhaftes Schlusskapitel fügen sich am Ende zusammen und zeigen, wie fest, aber auch wie gefährdet, ja, wie zerrissen Familienbande unter dem Außendruck der Gegenwart werden können. Desto dramatischer, wenn die Familie in brutaler Zeit noch das einzig Tröstliche und Zuverlässige ist.
Dabei verfügt Sylvia Schmieder trotz allem Realismus des Blickes über eine Sprachkraft, die voller Poesie steckt. Es ist aber keine selbstgefällige Poesie, die nur auf sich selbst deutet, sondern sie gewinnt dadurch große erzählerische Kraft, die im Dienst tieferer Erkenntnisse der Umstände steht. Und sie tröstet gerade da, wo sie aus dem Schrecken des konkreten Geschehens kommt und diesen Schrecken beleuchtet: „So, aber jetzt komm, setze dich an meinen ausgebreiteten Mantel, wir fliegen ganz weit und schnell nach Amerika, wo gerade ein Mondschiff steht …“
Der Roman holt zunächst einmal aus. Er beginnt im Jahr 1972 in Großmutters Rosenfeld, wo das Mädchen Claudia mit ihren Eltern Mari und Ludwig und der restlichen Familie eines Tages ankommt und ganz von selbst in die ausgebreiteten Arme der Großmutter hineinsaust, wie ein Pfennig in einen Magneten – dieses Bild schenkt uns die Autorin. So schön kann man von Nähe erzählen: am Anfang überwiegend von der kleinen Claudia und ihrer liebenswürdigen Großmutter.
Dann geht es zurück in der Zeit. Kein Wunder, dass die eigentliche Protagonistin Mari sich von dort, wo sie gelandet ist, nämlich Frankfurt am Main im Jahr 1939, gleich wieder „wegdenkt“. Und das ist untertrieben, die Sehnsucht nach ihrer Heimat „hebt sie fast in die Luft“. Alles zieht sie nach Hause, Richtung Wien, Pozsony, Nagyszombat, doch sie ist Verpflichtungen eingegangen, ihre Familie zählt auf sie. Also bleibt sie.
Die erzählte Zeit zerrt an den Menschen, nimmt keine Rücksicht auf ausgewogene Lebensplanung. Es geht wieder vorwärts, der Roman dehnt sich nach allen Seiten aus. Die Zeit springt nicht nach den Bedürfnissen der Menschen, sondern nach den Plänen der Macht. Die Familie spricht nur ganz vorsichtig von „unserem neuen Zuhause“ – man weiß ja nie. Wir sind im Jahr 1954, dann 1970 oder wieder im Jahr 1972 angelangt und dann geht es eigentlich nur ein paar Jahre zurück, aber ganz weit zurück, wenn man die moralischen Grundsätze und Sicherheiten zwischen Menschen meint. Wir kommen wieder im Jahr 1939 an. Ein Jahr der Schrecken, von deren Ende noch niemand weiß.
Die Zerrissenheit, das Hin und Her zwischen Fortwollen und Bleibenmüssen, prägt als Grundmuster die folgende Handlung. Züge kommen an und fahren ab. Die Wehrmacht rückt im Osten vor, gerade sind die Truppen in die Slowakei einmarschiert, aber das ist nur eine Durchgangsstation. Mari würde am liebsten – wie einst Saling – in den Wald ziehen, in die Hohe Tatra beispielsweise. In dieser schrecklichen Zeit irgendwohin, ganz weit weg. „Man sollte gar nicht mehr unter Menschen leben“, denkt sie. Aber Menschen sind überall.
In kleinen, konkreten Szenen, genau gesehen und beobachtet, sprachlich kongenial wiedergegeben, erzählt die Autorin von Innenräumen und Außenstationen, von Menschen und den Begegnungen mit ihnen. Von der Familie und ihrer Schwerkraft. Das alles hält die Protagonistin am Ort fest. Doch die Sehnsucht nach „dem Anderen“ wird immer größer.
Und als die Familie dann wieder weiter muss, sind die Kinder erwachsener und vernünftiger als die Erwachsenen, irgendwie realitätsnäher. Die Großen seufzen unentwegt. Wissen sie nicht, dass jeder Seufzer einen Tropfen Blut aus dem Herzen entzieht? „Ich glaube, wir müssen jetzt los“, sagt einer, und das ist für den Moment gedacht, aber es beschreibt auch, im Subtext, die politische Lage. Denn die Familie kann in Nazi-Deutschland nicht bleiben, sie ist jetzt, wo überall inhaftiert und hingerichtet wird, gefährdet. Und wer sitzt nicht alles in „diesen Lagern“. Man spricht flüsternd davon, vorsichtig, will bestimmte Zustände gar nicht genau benennen. Maris Familie möchte sich mit sich selbst beschäftigen, aber was um sie herum geschieht, reißt sie auseinander. Der Bruder sitzt ja schon seit einiger Zeit „im Lager“. Hat jemand Nachricht von ihm? Nein.
Wir sind noch immer im Jahr 1939. Es wird höchste Zeit für die Ausreise. Noch schnell ein Stück unwiderstehlicher Apfelkuchen, dann geht es los. Der Zug bebt schon vor Bereitschaft, diesen Ort endgültig zu verlassen. Aber wo ankommen?
Der Roman assoziiert in diesen Kapiteln vor und zurück. Damit reflektiert die Autorin neben der erzählten Unruhe jener Jahre die Tatsache, dass jedes Individuum nie nur an einem einzigen Ort ist. Erinnerungen tauchen auf, Ängste auf das Morgen bezogen lassen die Gedanken fliegen. So schafft Sylvia Schmieder trotz der konkreten und auch spannenden Handlung ein fragiles Gewebe von Befindlichkeiten und Zuständen in einer höchst unsicheren Zeit. Eben tritt Mari noch ihrer Mutti gegenüber und empfängt ein Geburtstagsgeschenk, schon ertönen draußen laute Marschtritte – die Zeit ist aus ihren erträglichen und gewohnten Fugen. Die Autorin erzählt fast schmerzhaft genau davon. Wie ein Kind angeschaut wird und angelächelt wird von den Erwachsenen und es dadurch in „eine neue Höhe“ gehoben wird, ohne dies verstehen zu können. Und wie es dann auf die Straße tritt und stärker geworden ist, als es zuvor war. Wie fast gleichzeitig die Bomben fallen und das Kriegsgrauen tobt – und wie glücklich jemand ist, dass trotz allem ein Fenster heil geblieben ist, und nur einen einzigen Sprung hat.
In solchen Sequenzen zeigt sich Sylvia Schmieder als erzählende Autorin auf eine Art und Weise auktorial, also in der Perspektive „allwissend“, dass man als Lesender Bewunderung empfindet – für diese Sensibilität, für den nicht nur literaturtheoretisch sauberen, sondern vor allem menschenfreundlichen Fokus ihrer Perspektive. Erzählperspektive als Anteilnahme.
Fragile, gefährdete Welt, eine Zeit zum Verzweifeln: Als die Familie, von der erzählt wird, dann tatsächlich wieder in der alten Heimat ankommt, muss man gleich wieder in den Schutzraum unter der Erde. Mari verliert allmählich ihren Lebensmut, Ludwig will die kaputten Fenster abdichten, muss aber im Morgengrauen schon wieder an die Front, nach Italien. Noch ein Stück Brot mit Streichwurst – dann geht es los. Und in diesem ständigen Hin und Her geht schließlich die Heimat unter. Die Protagonisten sind erschöpft. Und desillusioniert. „Wenn etwas ist, buddelt ihr uns einfach aus“, sagt einer. So wenig Lebensmut steckt inzwischen in fast allen.
Und nach alldem? Beginnt nun eine Zeit wirklichen Friedens und der seelischen und physischen Erholung?
Nach dem Krieg finden sich die Überlebenden hier und dort und schließlich in Frankfurt am Main zusammen. Viel geschieht noch, es geht aufwärts und man versucht, „den verdammten Krieg“ zu vergessen. Aber da sind ja immer wieder die erinnerten Grauen der Konzentrationslager. Man versucht dennoch das zusammenzukehren, das übrigblieb und ruft auch die Urahnen dazu. Vielleicht sind die realen Wünsche aber nur in der Phantasie möglich. Und so erzählt im Sommer des Jahres 1970 eine Großmutter ihrer Enkelin ein Zaubermärchen, in dem die gute Fee Fantasia auftritt. „Es war einmal ein kleines Mädchen, … das wollte so gerne hinter die Türe gucken, wo das Leben verborgen ist …“ Und dazu muss es eine Reise antreten, die bis zum Mond führt, dorthin, wo tatsächlich Frieden herrscht. Vielleicht deshalb, weil aus den Mündern der Menschen keine Worte, sondern rote Perlen kommen.
Das Leben geht jedenfalls irgendwie weiter, es war letztlich stärker als der Tod. Die Familie kämpft zwar mit ihren Erinnerungen, versucht es aber mit einem neuen Heimatgefühl. Aber was ist in dieser Zeit, nach diesen Erfahrungen schon Heimat? Kein Ort. Nirgends.
Ungeheure Fliehkräfte. Doch die Familie bleibt zusammen.
Susanne Konrad –
Vom Anfang an beeindruckt mich die Bildhaftigkeit der Sprache und der Detailreichtum des Erzählten. Ein Lokalkolorit von großer Genauigkeit wird heraufbeschworen. Als Leserin gelingt es mir mühelos, mich in das Jahr 1939 hineinzubegeben, weil auch solche Fakten, über die andere Autoren hinwegspringen, präzise recherchiert sind und konkret benannt werden. „Zusammen bleiben“ ist kein Buch, das sich rasch verkonsumieren lässt, dazu ist es viel zu dicht geschrieben. Man muss sich einlassen auf Sylvia Schmieders Erzählwelt, dann wird man mit emotionaler Spannung und auch mit großer Anschaulichkeit belohnt, die den zeitgeschichtlichen Wissensdurst anregt.
Ute Bales –
„zusammen bleiben“ – ein Roman von Sylvia Schmieder
Erstaunlich, was sich erleben lässt, wenn man die eigene Familiengeschichte durchforscht.
Sylvia Schmieder beginnt ihren 324 Seiten starken fulminanten Familienroman mit einer heiteren Szene: Die Großmutter breitet die Arme aus und Claudia, die Enkelin, rennt in sie hinein „wie ein Pfennig in einen Magnet.“ Diese beiden Frauen bilden die Klammer des Romans, der sich dann in 30 Kapiteln entfaltet. Die Großmutter Mari, die im Dreiländereck Ungarn-Slowakei-Österreich aufwächst, will Schriftstellerin werden. Ihr Mann Ludwig hat andere Dinge im Kopf. Die Nazis bieten ihm Perspektiven und Mari zieht mit ihrem Mann und den Kindern nach Frankfurt, bereut aber bald, ihm gefolgt zu sein. Es sind nicht nur der Krieg und Ludwigs Arbeit bei der Waffen SS, sie vermisst ihr Land und ihre Sprache. Als Ludwig eine Affäre beginnt, geht sie zurück in die Slowakei. Dort wird 1944 ihr Bruder Peter wegen seiner kritischen Berichterstattung als Journalist von der Gestapo verhaftet und nach Mauthausen verschleppt. Etwa zeitgleich beteiligt sich Ludwig an Massenerschießungen in der Ukraine.
Der andere Strang des Romans erzählt die Geschichte der Enkelin Claudia, die nicht nur von der Sprachenvielfalt der Großmutter fasziniert ist. Für sie ist die Großmutter ein Anker, eine „Menschenmischerin“, wie sie sie nennt, die sich, wie niemand sonst, auf die Kunst der Worte versteht. Wenn sich die Großmutter mit ihrer Familie unterhält, dann sind sie „die Familie mit den besonderen Wörtern“. Die Großmutter ist auch diejenige, die Kraft gibt: „Wenn sie sich umarmten, schossen Claudia die Kräfte nur so in die Glieder, dass sie gleich weiterlaufen musste, die Fäuste ballte und schrie ….“ (Seite 5) Eine der Schlüsselszenen des Romans findet sich gleich zu Beginn. Die Großmutter zeigt ihrer Enkelin, wie sie aus dem, was im eigenen Garten wächst, eine Kräuterolle macht: Sauerampfer, Petersilie, Pimpinelle, Schnittlauch, Estragon, Boretsch. „Die Rolle schmeckte scharf, sauer und bitter zugleich, sogar ein wenig Süße steckt in ihr – also schmeckte sie eigentlich nach allem … “ (Seite 11) Diese unterschiedlichen Ingredienzen versinnbildlichen die „Wildnis“ dieser verzweigten Familienkonstellation und Claudia spürt, wie sie beim Verzehr der Kräuterrolle „Teil des Undurchdringlichen, Unverständlichen wird.“ (Seite 12)
Was sich bei der Großmutter als sprachliche und emotionale Energie entlädt, sucht Claudia bei der eigenen Mutter vergeblich. In ihrem Verhältnis gibt es eine Leerstelle, die beide auf unterschiedliche Weise zu füllen versuchen. Die Mutter spricht kaum über Widerfahrenes, obwohl sie Krieg und Flucht erlebt hat. Aufopfernd kümmert sie sich um Claudias behinderten Bruder und spürt nicht, wie die eigene Tochter leidet und zusehends vereinsamt. Überhaupt bemerkt niemand die Nöte des Mädchens, selbst dann nicht, als Claudia eine Magersucht entwickelt. „Sie trank auch nur noch Wasser, das fiel gar nicht auf. Gar nichts von all dem fiel auf, wie immer, ihre Mutter hatte andere Sorgen, ihr Vater war bei der Arbeit oder spielte Klavier und ihre Geschwister verstanden nichts, ganz wie sie selbst“. (Seite 203).
Mit den Frauenfiguren ihres Romans gibt Sylvia Schmieder dem Krieg ein weibliches Gesicht. Auf gewisse Weise ist das Buch der Versuch, zwischen drei Generationen zu vermitteln. Indem die Autorin Szenen aus dem Alltag herausgreift, kleine Momente und Episoden, Streitereien und Wortwechsel, Sorgen, Nöte und verpasste Gelegenheiten, lotet sie gleichzeitig die Untiefen der Lebensumstände aus, das nicht zu Verstehende, das Unergründliche, die Risse, die sich durch die Familie ziehen. „Er steht langsam auf, zieht sich in sein ehemaliges Arbeitszimmer zurück und kramt in den Resten seines Bündels, dessen brüchige Schnur er gestern mit einer unheimlichen Mischung aus Seufzen und Stöhnen zerrissen hat.“ (S. 297)
Sylvia Schmieder erweist sich mit ihrer bilderreichen Sprache als feinsinnige Beobachterin: „Sie sieht einem Amselpärchen auf dem Rasen zu, wie es nasse Blätter beiseite wirft, Würmer pickt. Sie hört dem Wasserhahn zu, der tropft, aber ganz langsam, während es sich draußen einregnet. Es ist, als bekäme das Haus eine Gänsehaut.“ (Seite 83)
Der opulente Roman, akribisch recherchiert, zeigt die Auswirkungen der NS-Zeit bis in die dritte Generation und macht deutlich, dass die Geschichte von Nazi-Diktatur und Holocaust Menschheitsgeschichte ist. Niemand kann sich herausnehmen, jeder leidet für sich. Ganz besonders, wenn die Auseinandersetzung fehlt. Die Kapitel fügen sich am Ende zusammen und zeigen, wie fest, aber auch wie zerrissen Familienbande sein können.
Was Claudia betrifft, so ist am Ende klar: Ohne den Krieg und seine Folgen wäre aus ihr ein ganz anderer Mensch geworden. Was macht uns schließlich zu dem, was wir sind?
Im letzten Kapitel verneigt sich die Großmutter mit einem anrührenden Satz vor ihrer Enkelin: „Das war ja ein Stückchen Leben, du konntest es nur nicht richtig erkennen …“ (Seite 320)
„Zusammen bleiben“ ist ein berührendes Portrait einer Zeit und seiner Menschen, das unter die Haut geht.
Unbedingt empfehlenswert.