Andreas Egert
fehlfarbenfroh. Aphorismen
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Die Gattung des Aphorismus hat eine lange Tradition, die von Lichtenberg über Nietzsche zu Karl Kraus führt. Andreas Egert unternimmt in seinem Opus Magnum eine abenteuerliche Reise durch die Welt seiner Aphorismen, die kaum ein Thema auslassen – da geht es um Spaghettiträger, Pandemien, Untersuchungsausschüsse, Fußball und andere Dinge des Lebens. Die Aphorismen sind mal bissig, mal sprengend, mal gnädig, aber fast immer überraschend. Sie wollen Muster, Konventionen und Denkfaulheiten kritische hinterfragen und den Menschen da retten, wo er noch zu retten ist.
Die Zeichnungen von Norbert Städele bereichern den Aphorismenband und schwingen (fehl)farbenfroh mit.
Die Gattung des Aphorismus hat eine lange Tradition, die von Lichtenberg über Nietzsche zu Karl Kraus führt. Andreas Egert unternimmt in seinem Opus Magnum eine abenteuerliche Reise durch die Welt seiner Aphorismen, die kaum ein Thema auslassen – da geht es um Spaghettiträger, Pandemien, Untersuchungsausschüsse, Fußball und andere Dinge des Lebens. Die Aphorismen sind mal bissig, mal sprengend, mal gnädig, aber fast immer überraschend. Sie wollen Muster, Konventionen und Denkfaulheiten kritische hinterfragen und den Menschen da retten, wo er noch zu retten ist.
Die Zeichnungen von Norbert Städele bereichern den Aphorismenband und schwingen (fehl)farbenfroh mit.
Zusätzliche Informationen
Abmessungen | 26 × 16 cm |
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Auflage | |
Autor | Andreas Egert |
ISBN | 9783946112662 |
Seiten | 150 |
Veröffentlicht | 15. Mai 2022 |
Cover | Zeichnungen von Norbert Städele |
1 Bewertung für fehlfarbenfroh. Aphorismen
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Über die wagemutige Demut pointierten Definierens
Zum neu erschienen Aphorismenbuch „fehlfarbenfroh“ von Andreas Egert
Die Kunst der aphoristischen Pointe – eine überwiegend ästhetisch motivierte Fertigkeit – entbehrt jedoch nicht der Verantwortung für die Zusammenhänge der merkwürdigen Aktualität, aus der sie schöpft. Leitmedien pointieren schroff und meist schamlos, was die von ihnen maßgeblich mitkonstruierte Aktualität besonders kantig erscheinen lässt. Literatur jedoch liebt es, ihre Pointen zu verstecken, aber nicht nur aus der respektvollen Zurückhaltung heraus, sondern dem pragmatischen Kalkül folgend, ihrer überaus dominanten Plotlast gebührende Verortung zu geben. Und Poesie? Sie verdichtet Pointen und verachtet dabei deren zartbittere Lichtscheue, die erst in unterbelichteten Aphorismen respektiert werden kann. Trotzdem scheint das Pointieren als publizistisch-poetische Kunst, meistens handwerklich geerdet und in ihren Apogäen von dem einem oder anderen Geistesblitz motiviert, ohne ethisch fundiert sein zu müssen, immerhin ihre eigene Würde zu haben, unterschwellig dem Geiste des Unsagbaren verpflichtet, dem sie entstammt.
Andreas Egert geht womöglich als Anwalt der demütigen Pointe in die Geschichte unterbelichteter, überblendender Aphoristik ein, denn als einer der wenigen Aphoristiker wagt er es, seinem schüchternen Mandanten den ihm gebührenden Gehör in unbefugten Gremien zu verschaffen. Er ist sich bewusst, dass seine würdevolle Haltung unbequem ist. Die Lesenden sind launisch in ihrer Erwartung des Poetischen und streng in ihrer störrischen Ablehnung des Lehrreichen, denn wer schreibt einen gelungenen Aphorismus heutzutage noch auf, um ihn in Ruhe zu Ende zu denken, wenn es nicht plakativ genug ist, um als Handlungsaufforderung instrumentalisiert zu werden? Wie auch immer, das neue Projekt von Andreas ist eine gelungene Kunstkammer rechtloser Spezies, die von ihrem Dompteur nach innen zwar streng dressiert, nach außen aber stoisch verteidigt werden.
Teil Eins „fehlfarbenfroh“ gibt dem Werk seinen übergreifenden Namen, und verschreckt unter dem so selbstverständlich katalogisierenden Untertitel „Aphorismen“ meist demütig pointierende Definitionen, die hinter der Hülle aus purem dünnschichtigen Wagemut überraschend präzise Aktualität oder gar tiefgründige Bösartigkeit seriös anmutender, betagter wie auch frisch-hipper, zum Wortschöpferischen neigenden, Begriffe wie „Zivilcourage“, „Gagaismus“, „Emanzipation“, „Kitsch“, „Wunderheiler“ oder „Manipulation“ offenbaren. So wird letztere als „Nachhilfeunterricht für den gerechten Gang der Dinge“ definiert und man staunt, wie tiefgründig ein locker-flockiges Wortspiel abstoßen kann.
Immerhin versteckt sich hinter dem sommerlichen, in dynamisch versetzten weichgewaschenen Pastellhalbtöne gekleideten, Grafiker-Cover eine bitterböse pointierte Abrechnung mit dem Diktat politisch, ethisch und ästhetisch korrekter Bedeutungen.
Eine voluminöse Kritik tut weder einem freiheitlich-sinnhaften Buch noch seinen potenziellen begeisterten Rezipienten ihren wohl verdienten Gefallen. Da ich meine Kritikerrolle in diesem Fall nicht einer Berufung, sondern der Laune einer zutiefst virtuellen Verkettung von Zufällen verdanke, möchte ich nicht zu weit aus dem publizistischen Fenster blicken, um den rachsüchtigen Tauben der öffentlichen Meinung zu viel von meinem Hinterkopf zu bieten, zumal beide Phänomene im besprochenen Buch ihre überraschende Eingrenzung finden. Die „öffentliche Meinung“ begegnet dem „Publizisten“ darin nämlich in ihrer völligen Blöße, und auch der „Kritiker“ mischt sich unbeholfen dazwischen, verfolgt von seiner merkwürdigen „Redaktion“.
Wer sich jedoch die bittere Aktualitätspille nicht verkneifen möchte, bekommt sie auf dem schnörkellosen Tablett im zweiten Teil unter dem Titel „gedankenlose“ mit dem Untertitel „neue Aphorismen“ geliefert, denn darin wird unter anderem in Satzschnipseln mit akribischer Präzision um sich geworfen, die aus scharfen Beobachtungen extrahiert ab und zu auch als aphoristische Traktate taugen: „Wenn Demokratien in den Neofeudalismus fortschreitend entgleiten“. Und überhaupt ist ein Aphorismen-Buch, in dem noch Begriffe wie „Zeit“ definiert werden, in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen. Im Kapitel 3 „Interaktiver Salon“ begegnet der amtierende Autor seine ZunftgenossInnen, um sich mit ihnen in Ruhe „Diskussionen über zwei Aphorismen“ zu widmen.
Alles in einem – eine polarisierende Lektüre, die viele unbequem glänzende Funde beherbergt, voller Pointen, deren sarkastische Bösartigkeit ihrem inneren Charme trotzt.