Thomas Berger
Der fremde Archivar
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Das Buch erzählt vom Leben eines sonderbaren Mannes, von Sammelleidenschaft, dem Reiz der Vergangenheit, brüchigen Familienbanden, Glück und Verlust, Einsamkeit, Freiheit und Tod. In welchem Ausmaß prägen Kindheitserfahrungen den Lebensweg? Wie weit tragen die Kräfte des Verstandes? Der Roman, der in ein überraschendes Finale mündet, umkreist existentielle Themen. Zugleich ist er ein Zeitbild: Er spiegelt Denk- und Lebensweisen radikaler Individualität.
Das Buch erzählt vom Leben eines sonderbaren Mannes, von Sammelleidenschaft, dem Reiz der Vergangenheit, brüchigen Familienbanden, Glück und Verlust, Einsamkeit, Freiheit und Tod. In welchem Ausmaß prägen Kindheitserfahrungen den Lebensweg? Wie weit tragen die Kräfte des Verstandes? Der Roman, der in ein überraschendes Finale mündet, umkreist existentielle Themen. Zugleich ist er ein Zeitbild: Er spiegelt Denk- und Lebensweisen radikaler Individualität.
Zusätzliche Informationen
Abmessungen | 12 × 19 cm |
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Auflage | |
Autor | Thomas Berger |
Ausgabe | Festeinband mit Leseband |
ISBN | 9783946112808 |
Seiten | 292 |
Veröffentlicht | Februar 2022 |
Cover | Illustration: Evi Scheiber |
9 Bewertungen fĂĽr Der fremde Archivar
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Hergestellt in China, beginnt für Lualma schon bald eine aufregende Reise, die sie an verschiedenste Orte der Welt trägt und reich werden lässt an ergreifenden, aber auch niederschmetternden Erfahrungen. Menschen, die wenig gemeinsam haben, lassen sich von Lualmas direkter – manchmal auch kindlich naiver Art – anstecken.
So nehmen deren Schicksale eine ĂĽberraschende Wendung.
Lualma erzählt die Geschichte der kleinen und der großen, der lauten und der leisen Begegnungen. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Leuchte.
Dieses Buch enthält sieben farbige Illustrationen von Denis Mohr.
Gelesen von Lea Zinne (10 Jahre) aus Berlin:
HĂ–RPROBE
Susanne Konrad –
Thomas Berger kreist in seinem Roman einen komplizierten Charakter in verschiedenen Lebensphasen ein. Achim Marquardt ist ein notorischer Einzelgänger, dabei aber nicht völlig von der Welt abgekapselt. Er geht durchaus Beziehungen zu anderen Menschen ein, denen aber immer etwas Unverbindliches anhaftet. Von der Erziehung durch die eigene Mutter als Kind enttäuscht und als ehemaliger Messdiener und Klosterschüler streng und religiös erzogen, nimmt er als Erwachsener eine säkulare und auch liberale Haltung ein. Dadurch widerspricht die Figur dem Klischee vom ausgetrockneten Archivar, der allem körperlichen Interesse entsagt. Der Erzähler spielt gekonnt mit dem Klischee des Einzelgängers. Am Schluss des Romans zeigt sich sogar, dass Achim zu wahren Gefühlen und wahrer Liebe fähig ist, und das auf eine für den Leser überraschende Weise.
Jennifer Weber –
Die unbefangenen Leser erwartet ein faszinierendes und spannend geschriebenes Psychogramm eines zutiefst einsamen Menschen. In jedem Fall konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen.
Gudrun Grosscurth –
Ich habe das Buch Der fremde Archivar mit groĂźem Interesse gelesen. Meine GefĂĽhle dabei schwankten zwischen Verständnis und Ratlosigkeit, zwischen Befremden und Empathie – also der ganzen Skala der GefĂĽhle. Verstehen und Nichtverstehen eines eigenwilligen Charakters hielten sich die Waage. Dank der gepflegten Sprache und des klaren Ausdrucks habe ich den Roman in einem Zug durchgelesen.
Inga Maria Säftel –
Der fremde Archivar beschäftigt mich sehr. Welch eigensinnig Intellektueller offenbart sich da! Manches ist für mich eher aufwühlend, nicht weniges nachvollziehbar, anderes irritiert mich. Ich bewundere die Kraft der gefundenen Worte, spüre mitunter auch das Beklemmende.
Evi Scheiber –
Als ich das Buch Der fremde Archivar zum ersten Mal in der Hand hielt, war ich sehr beglückt, mein Aquarell des Einsiedlerkrebses in der Wellhornschnecke auf dem Cover zu entdecken. Das war eine gelungene Überraschung des Autors Thomas Berger. Kaum mit der Lektüre begonnen, wollte ich den Roman, der sich gut liest, nicht mehr ablegen. Auch war ich daran interessiert, möglichst rasch das auf dem Buchrücken angekündigte überraschende Finale zu erreichen. Ich vermutete, dass es ein schlimmes Ende sein würde. Ich bin ein positiv eingestellter Mensch und habe mich daher über den unerwartet lebensfreundlichen Ausgang sehr gefreut. Nun muss ich gestehen, dass ich noch nie einen Roman gelesen habe, dessen Autor ich persönlich kannte. Zuweilen erstaunt und verblüfft frage ich mich daher, ob das Erzählte wirklich so passiert ist. Aber natürlich ist ein Roman, grundsätzlich betrachtet, eine Erfindung.
Ilse Heller –
Wieder ist dem Autor Thomas Berger ein großartiges Werk gelungen. Es handelt sich diesmal um einen Roman. Das Buch besticht schon durch seine äußere Aufmachung. In einer brillanten Sprache wird die Hauptfigur in ihren Denk- und Handlungsweisen detailliert dargestellt. Der Bezug zu einer unglücklichen Kindheit ist deutlich herausgearbeitet. Kenntnisreich eingestreute literarische und Sachinformationen runden das Werk ab. Ein Lesevergnügen!
Hans Scholz –
Das neue Buch von Thomas Berger Der fremde Archivar ist ein herzerfrischender, interessante Einblicke bietender, zugleich nachdenklich stimmender Roman. Die Darstellung von Erlebnissen und Personen auf wechselnden Zeitebenen erfolgt in einem angenehmen Tempo, ohne die Leser zu überfordern oder gar Langeweile aufkommen zu lassen. Großartig! Ich hoffe und wünsche, dass dieses verlegerisch hervorragend gestaltete Werk durch Werbung und andere Initiativen ein Erfolg wird. Die erzählerischen Motive, die Vielfalt an Gedanken und Anregungen haben es verdient.
Karen Aydin –
„Von dir weiß man gar nichts, was machst du eigentlich mit deinem Geld?“ Mit diesen Worten wird der Roman eröffnet. Den als Frage getarnten Vorwurf richtet ein Kollege vom Hessischen Staatsarchiv Marburg an Achim Marquardt, den eponymen fremden Archivar, dem der Leser an einem bleichen Novembertag im Herbst seines Lebens, vier Jahre nach seiner Pensionierung, erstmals begegnet.
Der Herbst ist die Zeit, in der man das vergangene Jahr Revue passieren lässt, sich von ihm verabschiedet, es ist eine Zeit für Reflexionen, für lange Spaziergänge, kleine Wanderungen. Der Weg in literaler und metaphorischer Hinsicht ist eines der Grundmotive des Romans. Der Leser begleitet Achim auf seinen Spaziergängen durch sein Leben und die Natur und wird so über fast dreihundert Seiten in die Rolle des Beobachters und Zuhörers versetzt, die Achim, der sich als Gast auf Erden versteht, zeitlebens natürlich erschien (S. 119).
„Was war Achim bloĂź fĂĽr ein Mensch… Er war nah und fern zugleich, äuĂźerlich zugewandt und innerlich von trennender Herbheit …“, fragt sich seine Freundin Simone bei einem gemeinsamen Gang durch den Botanischen Garten, als sie den Eindruck gewinnt, er interessiere sich mehr fĂĽr die Pflanzen als fĂĽr sie (S. 47). Achim ist ein in sich ruhender, ungewöhnlicher und vielschichtiger Mensch, in dem ich als Leserin viel Fremdes, aber auch viel Vertrautes entdeckt habe und den ich mit seinen Eigenheiten, seiner Offenheit, seinen kleinen Transgressionen und seiner Liebe zur Freiheit nicht anders als sympathisch finden kann, mit dem ich im wörtlichen Sinn mitleide oder mitfĂĽhle.
Das Naturalienkabinett, in dem Achim seine Sammelleidenschaft lebt (S. 89), erinnert an die Kunst- und Wunderkammern der Frühen Neuzeit mit ihrer Verbindung von Geschichte, Kunst und Natur. Die Wunderkammer ist ein Mikrokosmos, der die sich stets wandelnde Natur wertschätzt, sie zu etwas Unwandelbarem macht und so vor dem Verfall bewahrt, aber gleichzeitig auch beherrschbar macht. „Etwas gänzlich Nutzloses zu tun, zeugt von großer Freiheit.“ (S. 91) ist einer meiner liebsten Sätze aus dem Roman, ein Satz, mit dem Achim der Kritik begegnet, dass solche Sammlungen vollkommen nutzlos seien.
Die Beobachterrolle bezieht sich nicht allein auf die gegenständliche Welt, sondern auch auf die Menschen. Mit großem Vergnügen saß ich in Gedanken neben Achim, wie er bei der Beobachtung des Nachbarhauses seiner Schaulust frönt (S. 132), und ich nahm Anteil an den zahlreichen Begegnungen in seinem Leben, mit Kollegen, seinen Geschwistern, seinen Gefährtinnen. So verbringt er ein paar Tage mit seiner Freundin Lisa in Paris. „Es waren Momente, in denen Achim die Anwandlung befiel, mit jemandem fest verbunden sein zu können, nicht allein sein zu müssen.“ (S. 99f.)
Abstand und Nähe sind Themen, die im Roman immer wieder begegnen, verdichtet in der Parabel von den Stachelschweinen, die im Winter aneinanderrücken müssen, um sich zu wärmen, aber nicht zu nahe, um sich gegenseitig keine Schmerzen zuzufügen (S. 184), und kulminierend zum einen in der Großen Seuche (S. 250), die allerdings weder für Achim noch in dem Roman eine große Rolle spielt, und zum anderen in einem nachdenklich stimmenden Finale.
Alles in allem ist es ein reicher, dichter, traurig machender, erheiternder Roman, einer, der mit großer sprachlicher Kunstfertigkeit so viele Themen anspricht, dass sie in ihrer Fülle Stoff zum Nachdenken für zahlreiche Spaziergänge bieten.
Johannes Chwalek –
Abseits ist Rettung
Der Protagonist Achim in Thomas Bergers Roman „Der fremde Archivar“ ist ein ausgeprägter Individualist. Er verschmäht es wie weiland Arthur Schopenhauer zu heiraten, weil er nicht seine Rechte halbieren und seine Pflichten verdoppeln will. Dabei ist er den Frauen gegenüber keineswegs abgeneigt. Von kurzen Liaisons Achims erfahren wir; diese Begegnungen streuen sich durch die verschiedenen Stadien von Achims Leben. Wenn jedoch eine dauerhafte Beziehung am Horizont des Paares auftaucht, schreckt Achim zurück und beendet lieber das Verhältnis, als dass er sich juristische, finanzielle und emotionale Verpflichtungen auferlegen ließe. Da hilft es auch nicht, wenn die Noch- oder besser gesagt: Nicht-mehr-Geliebte weinend und verzweifelt nach dem Grund für die Aufkündigung der Beziehung durch Achim fragt. Achim äußert sich nur dahingehend, dass sie beide einfach nicht zusammenpassten; in Wirklichkeit ist er geprägt von tiefer Skepsis. Er glaubt zu wissen, dass die Beziehung abkühlen wird, dass irgendwann nur noch der Nutzen, den sich beide Partner voneinander versprechen, als Kitt der ehelichen Gemeinschaft oder Dauerbeziehung gilt. Er rechnet vor, dass Frauen nicht selten über den Eintritt des Mannes in den Ruhestand heimlich hadern, weil der Mann von nun an den ganzen Tag in der Wohnung verbringt und die Frau den wohltuenden Abstand früherer Tage betrauert. Liebt Achim niemand als sich selbst? Ja und nein. Einerseits hält er den Egoismus für natürlich; jedem Lebewesen eigen. Andererseits gibt es auch in seinem Leben die große Liebe. Sie heißt Ulrike, nur von ihm vertraulich Rike genannt, und ist – seine Schwester. Mit ihr erlebt er von Kindesbeinen an eine seelische Vertrautheit, die er später bei keiner anderen Frau empfindet. Als Ulrike bei einem Autounfall tödlich verletzt wird, ist Achim – mittlerweile siebzig Jahre alt – ergriffen wie nie zuvor. Wie ein roter Faden durchzieht den Roman das Motiv des Sich-Fallen-Lassens. Über-raschenderweise endet das Buch anders: Der Schwester zu gedenken, wünscht sich die Hauptfigur mit einem Mal wieder viele weitere Jahre Leben. Vorher war Achim schon in laue Resignation verfallen und fragte sich, wie viel Zeit ihm noch bleibe und ob er nicht einen Gutteil seines persönlichen Hab und Guts abstoßen solle.
Beispiele für die Spielarten von Achims Individualismus beschreibt der Er-Erzähler auf mehreren Ebenen sozialer Interaktion. In der Familie sondert sich das Kind und der Jugendliche nach dem frühen Tod des Vaters von der psychisch labilen Mutter und den Brüdern ab. In den Berufsjahren erscheint er dem Kollegium als pflichteifrig und korrekt, wenn auch distanziert. Pflichteifer und Korrektheit übt Achim jedoch nur deshalb, weil er so wenig wie möglich Nachfragen zu seiner Arbeit erhalten und nach getanem Tagewerk wieder ganz für sich sein will. Im Mehrfamilienhaus, in dem Achim lebt, kennt er die Mitbewohner nur von zufäl-ligen Begegnungen im Treppenhaus und von Geräuschen, die sie bei ihren routinemäßigen Verrichtungen in den Nachbarwohnungen verursachen. Wenn es möglich ist, meidet Achim Begegnungen im Treppenhaus; und wenn er dafür wieder zurück in seine Wohnung verschwindet und die Tür hinter sich schließt. Ist Achim menschenscheu? Ja, aber er ist kein Misanthrop. Er braucht Menschen um sich, allerdings in sicherem Abstand, dass seine persönliche Unabhängigkeit jederzeit gewährleistet bleibt. Ganz allein zu wohnen, wäre nicht in seinem Sinn, es würde ihm wegen seines Hangs zur Ängstlichkeit sogar zuwider sein. Achim genießt es, morgens zu festgesetzter Zeit die laute Kaffeemaschine in der Nachbarwohnung zu vernehmen oder einen anderen Nachbarn abends mit der immer gleichen Begrüßungsformel in die Wohnung zu dessen Frau treten zu hören. Diese Art sozialer Eingebundenheit genügt ihm, um sich sicher zu fühlen und seinen Neigungen zu frönen.
Der Archivar aus Profession ist auch einer der privaten Leidenschaft. Beruflich hantiert er mit Dokumenten vergangener Epochen und veröffentlicht Fachliteratur, privat ist er Besitzer eines Naturalienkabinetts und verbringt viele Stunden an seinen Glasvitrinen mit Exponaten, beispielsweise aus der limakologischen (Schneckenkunde betreffend), oologischen (Vogeleierkunde betreffend) oder arachnologischen Abteilung (Spinnentiere betreffend). Auch zur belebten Natur fühlt er sich hingezogen. Nach der Computerarbeit ist er bei seinen Streifzügen unter freiem Himmel ein feinsinniger Beobachter von Flora und Fauna sowie von meteorologischen Zuständen.
Der Roman stellt, ausgehend von der Lebensführung Achims, grundsätzliche Fragen zum menschlichen Dasein. Es sind Fragen, mit denen Ernst Bloch (1885-1977) sein Hauptwerk „Das Prinzip Hoffnung“ einleitet: „Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wohin gehen wir? Was erwarten wir? Was erwartet uns?“ (Frankfurt am Main, 1979, S. 1) Zweifelnd gegenüber ewigen Werten, wie sie in der Liebe und in der Religion apostrophiert werden, hat sich Achim dem Augenblick verschrieben – im Wissen und in der Hinnahme von dessen Flüchtigkeit. Gleichwohl sucht er von Zeit zu Zeit Klöster auf und unterwirft sich der auf Gott zielenden Tagesordnung und der Einfachheit monastischen Lebens.
In unserer gleichmäßig ausgerichteten (digitalen) Welt stellt Achim einen wohltuenden Gegenpol dar, einen Outsider, Steppenwolf und – meinetwegen – zuweilen kauzigen Einzelgänger. Der Rezensent bekennt gerne, dass er den Aufbau des Romans bei der Lektüre als vollkommen harmonisch empfand – ohne die Struktur, die in den drei Einheiten Ort, Zeit und Handlung springt, ganz durchschaut zu haben. Nicht nur dieser Aspekt verleitet zu nochmaliger Lektüre des Buches. Es gehört zu den Höhepunkten im reichhaltigen lyrischen, erzählerischen und essayistischen Werk des Schriftstellers Thomas Berger.